Archäologen des Bundesdenkmalamtes haben in
Vösendorf bei Wien ein awarisches Gräberfeld aus
dem 7. bis 9. Jahrhundert gefunden, das neue Erkenntnisse
über die österreichische Frühgeschichte
liefert. Die Ausgrabungen beweisen, dass Awaren und Slawen
am selben Raum zusammen lebten.
In den
bisher 150 entdeckten Gräbern wurden Skelette von
Männern, Frauen und Kindern gefunden, die aufgrund
ihrer Trachtbestandteile - also Ringe, Ohrgehänge,
Ketten oder Gürtelschnallen - als Awaren bestimmt
werden können.
Auf dem Gräberfeld wurden aber auch Skelette gefunden,
die slawische Trachtbestandteile trugen. Dass Awaren und
Slawen gleichzeitig den selben Raum besiedelt haben, wurde
entgegen der bisherigen Geschichtsschreibung von einigen
Historikern zwar bereits vermutet, Beweise gab es dafür
aber keine.
791 bis
803 wurde das Reich der Awaren in den Kriegen von Karl dem
Großen vernichtet. Danach - so wurde bisher angenommen
- kam es zu einer massiven Zuwanderung von Slawen. Der
Gräberfund in Vösendorf könnte jetzt einen
anderen Ablauf der Geschichte nachzeichnen.
Franz Sauer, Grabungsleiter des Bundesdenkmalamtes: "In
Wirklichkeit war es vielleicht so, dass die Slawen schon
vorher hier gelebt haben, aber awarische Trachtbestandteile
getragen haben. Irgendwann in der zweiten Hälfte des 8.
Jahrhunderts sind sie wieder zu ihren Wurzeln
zurückgekehrt und haben wieder slawische
Trachtbestandteile angenommen."
Awaren
Die Awaren lebten ursprünglich als Nomaden in Asien,
vermutlich in Westturkestan. 552 n. Chr. wurden sie von den
Türken bedrängt und wichen nach Westen aus. Von
568 an hatten sie etwa 250 Jahre lang die Alleinherrschaft
in Pannonien, wo sie sesshaft wurden und Viehzucht und
Ackerbau betrieben. Sie waren gefürchtete
Reiterkrieger, die mit Reflexbogen, Reitersäbel und
Stoßlanze vernichtende Kämpfe führten. Den
Europäern vermittelten sie unter anderem den eisernen
Steigbügel.
Die Awaren, ein
früh-mittelalterliches Reitervolk, besetzten 568 das
Karpatenbecken und hatten bis Anfang des 7. Jh. auch
die Oberherrschaft über weite Bereiche Mittel- und
Ost-Europas inne. Ihre reiche archäolog.
Hinterlassenschaft findet sich im Karpatenbecken und seinen
Randbereichen, vornehmlich im Wr. Becken und im
Nord-Burgenland. Die Funde zeigen zwar starke
reiternomadische Traditionen, jedoch auch german. und bes.
byzantin. Komponenten. Mit der starken awarischen Macht im
Hintergrund erfolgte die slawische Besiedlung des heutigen
Kärnten, der Steiermark und NÖ. Nach der
erfolglosen Belagerung von Konstantinopel 626
büßten die Awaren ihre Vormachtstellung ein. In
dieser Schwächeperiode gründete der
fränkische Kaufmann Samo
ein Slawenreich, wohl in Böhmen und Mähren,
vielleicht reichte es auch noch in das heutige
Österreich. Auch die Alpenslawen, im 8. Jh.
Karantaner
genannt, werden sich zu dieser Zeit von den awarischen
Ansprüchen frei gemacht haben.
Im 8. Jhdt. kam es offenbar zu einem
Versuch, die awarische Oberherrschaft über den
Alpenraum wiederzuerrichten. Die Karantaner unterwarfen sich
daher dem Baiernherzog und akzeptierten auch die nun
einsetzende Missionierung.
Hzg. Tassilo III. suchte bei den
Awaren Rückhalt gegen Karl den Grossen. Nach seiner
Niederlage kam es zu den Awaren -Kriegen (791-96), die mit
der Zerstörung des Awaren -Reichs endeten. Zumindest
bis 728 bestand ein abhängiges, von den Karolingern
eingerichtetes Fürstentum der Awaren "zwischen
Steinamanger und Carnuntum" unter getauften
Khaganen.
|